Der Nichtbrauer aus den Brauhäusern, bekommt in Oudenaarde seine große Show
Adriaen Brouwer ist einer der großen Flämischen Meister aus der zweiten Reihe, gleich hinter den Topstars Rubens, Rembrandt, Breughel, van Eyck. In Oudenaarde, seinem Geburtsort 30 Kilometer südlich von Gent, denkt man über den berühmtesten Sohn der Stadt natürlich anders. Obwohl: „Manche Menschen in Oudenaarde glauben wirklich“, sagt Fremdenführerin Bernadette van Damme, „Brouwer? Na, der war wahrscheinlich Brauer, oder?“
Zum Brauen hatte Brouwer (1605-1638) tatsächlich ein intimes Verhältnis. Seine Bilder zeigen mehrheitlich Szenen aus Brauhäusern. Wunderbare Trinkerfratzen hat er gemalt, selig besoffene Schluckspechte, grobschlächtige Bauern, ordinäre Tagediebe paffend oder prügelnd, Soldatenvisagen beim Kartenspiel, die Augen gern verdreht, glücksberauscht. Wirtshaussatire, lobt die Kunstgeschichte. Satire? Eher war Brouwer ein Dokumentarist des Alltags. Rubens, bei dem Brouwer jahrelang arbeitete, schätzte ihn außerordentlich und sammelte seine Bilder.
Ansonsten war die Wertschätzung Brouwers zu Lebzeiten überschaubar. Weil seine deftigen Motive bei Adel & Co gebremste Kauflust auslösten, gilt er als armer Poet unter den Pinselführern. Einmal wurde sogar sein Hausrat gepfändet. Er war bekannt für seine ungewöhnlich kleinen Werke (etwa DIN A4), die waren schnell zu verkaufen, das schnelle Geld schnell zu versaufen. „Brouwer hat drei mal so schnell gelebt wie andere“, sagt van Damme; er habe, heißt es 1876 in einer Biografie, „dem Bacchus wol manchmal mehr als gut huldigend“ gelebt und wurde auch nur 32 Jahre alt. Für sein Begräbnis in Antwerpen musste gesammelt werden.
Kein einziges Brouwerbild hängt in Oudenaarde. Das hat sich sich mit dem 15. September verändert. Dutzende Werke kommen aus New York, Los Angeles, Philadelphia, den Niederlanden (wo Brouwer in Haarlem mit Frans Hals arbeitete) und aus der Alten Pinakothek in München, die allein 17 Brouwersche Zechergemälde hat. Die Ausstellung ist im Museum MOU im alten Stadthaus zu sehen. Hier ist dauerhaft eine Sammlung riesiger Wandteppiche ausgestellt. Gobelin-Teppiche waren ab dem späten Mittelalter das Wahrzeichen der Stadt; in diesem Gewebe-Gewerbe arbeitete auch Brouwers Vater als Vorlagenmaler.

Die Operation am Rücken. 1636, Adriarn Brouwer, © Städel Museum, Frankfurt am Main, Arthothek
Das kleine Oudenaarde an der Schelde (Stadtkern nur 6.000 Einwohner) ist ein wohltuend luftiger Ort mit auffallend viel Freiraum zwischen Häusern, Grünflächen und dem Fluss. Ein Schlösschen gibt es noch, einen Beginenhof und neben einer früheren Textilfabrik eine niedliche Arbeitersiedlung mit dutzenden besterhaltenen Zweifensterhäusern aus den 1880er-Jahren. Das gotische „Stadhuis“ von 1526 ist eines der schönsten Belgiens, weil es gewissenhaft renoviert ist und unverbaut am Großen Markt liegt (von dem, zumindest weitgehend, seit vergangenem Jahr die Parkplätze eliminiert sind).

Oudenaarde
In der Oudenaarder Bierschmiede Roman, der ältesten Familienbrauerei Belgiens (derzeit in 14. Generation geführt), wissen sie um den Werbewert des Malers. Seit 2002 gibt es das Brouwer Cuvee in zwei Geschmacksrichtungen. Das stärkere lässt den Geschmack von Wildbret und Schokolade ahnen. Zum Ausstellungsjahr lockt seit Mai das dritte, extradunkel und extrastark mit 10 Prozent. Weiterlesen …