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Bier

Flandern, Kultur, Leuven, Meike Nordmeyer

Wissensdurst in der Bierstadt – die Universität in Leuven

von Meike Nordmeyer

Ein Palast für die wissenschaftlichen Bücher – die Bibliothek der Universität in Leuven (oder auch Löwen) macht wirklich was her. Das prächtige Gebäude im flämischen Renaissance-Stil mit Giebeln, Gauben und Statuen erhält durch den 87 Meter hohen Glockenturm zusätzliche Bedeutung. Es thront wirkungsvoll am östlichen Rand des Monseigneur Ladeuzeplein, einem weiten, leeren Platz. Ich staune, während mir Luc Philippe, mein Guide für meine Fahrradtour durch Leuven, an diesem Platz von der langen und wechselvollen Geschichte der Universität in dieser Stadt und insbesondere von diesem Bibliotheksgebäude erzählt.

Die Geschichte der Universität in der flämischen Stadt reicht weit zurück. Im Jahr 1425 wurde die Universität auf Bitten des Herzogs Johann IV. vom Papst Martin V. gegründet. Diese Tradition besteht in der heutigen Katholischen Universität Leuven fort, das macht sie zur ältesten der noch bestehenden katholischen Universitäten der Welt, so verkündet es stolz eine Broschüre des Stadtmarketings. Heute nennt sie sich Associatie KU Leuven, denn sie besteht als ein Zusammenschluss von fünf Hochschulen und einer Universität. Insgesamt sind rund 103.000 Studierende eingeschrieben.

Beeindruckende Architektur

Trotz dieser langen Geschichte stammt das Gebäude der Bibliothek nicht aus der Gründungszeit, wie man bei seinem Anblick meinen könnte. Es wurde ab 1921 nach Plänen des amerikanischen Architekten Whitney Warren im historisierenden Stil nach Art der flämischen Renaissance gebaut und dabei auch als Kriegsmahnmal ausgestattet. Der Hintergrund dafür: Die deutschen Truppen, die im August 1914 in Leuven einfielen, setzten die damalige Universitätshalle an der Naamsestraat und die jahrhundertealte Bibliothek sowie weite Teile der Stadt in Brand. Mehr als 300.000 Bücher gingen damals verloren. Die Empörung über diese Zerstörung war groß, nicht nur in Belgien.

Noch während des Krieges sammelten Unterstützungskomitees in den verbündeten und neutralen Ländern Geld und Bücher für den Wiederaufbau der Universitätsbibliothek. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde vor allem mit amerikanischer Unterstützung das große Gebäude am Ladeuzeplein als neue Bibliothek errichtet.

Zur Universitätsbibliothek von Leuven gehört dieser fein ausgestaltete Lesesaal. © Meike Nordmeyer

Seine Fassade wurde mit zahlreichen Bildhauerarbeiten ausgestattet und diese erinnern an die Kriegszeiten, an den Brand 1914 und ebenso an die Solidarität der Verbündeten in dieser Zeit und an ihre Hilfe beim Wiederaufbau. Ein triumphierender Charakter wurde dabei durchaus mit angelegt, wenn etwa die große mit Helm und Rüstung ausgestattete Madonnafigur den preußischen Adler mit ihrem Schwert durchbohrt. 1921 war die Grundsteinlegung, 1928 wurde die Bibliothek neu eröffnet. Doch wenige Jahre später wütete wieder ein Krieg. Während des Einfalls der deutschen Armee im Mai 1940 ging das Gebäude erneut größtenteils in Flammen auf. Die Schäden waren diesmal noch verheerender, 900.000 Bücher wurden ein Opfer des Feuers. Nach dem Wiederaufbau konnte die Bibliothek erst 1951 wieder bezogen werden.

Heute steht das Bauwerk stolz und prächtig da und mahnt an die grauenhafte Zerstörung von zwei Weltkriegen. Der Gebäudekomplex kann besichtigt werden und das lohnt sich, denn dazu gehört ein Einblick in den schmucken Großen Lesesaal, und mit einem zusätzlichen Ticket ist auch der Aufstieg auf den Turm möglich, von dem sich ein hervorragender Blick über die Stadt bietet.

Vom Turm der Universitätsbibliothek bietet sich ein hervorragender Blick über die Dächer von Leuven.
© Meike Nordmeyer

Eine Bibliothek mit Aussicht

Einen Aufzug gibt es im Turm übrigens nicht, da müssen die vielen Stufen hinauf schon tapfer erklommen werden. In den kleinen Räumen auf jeder Etage im Turm ist etappenweise eine Ausstellung zu den Kriegszeiten, zu Zerstörung und Wiederaufbau des Gebäudes eingerichtet, viele historische Fotos und Dokumente sind dazu abgebildet. Diese interessanten Infotafeln bieten eine gute Gelegenheit, sich auf jeder Etage vom Treppensteigen etwas auszuruhen und zu lesen. Und so kommt man gut informiert immer weiter nach oben. Dort gibt es dann den weiten Blick über die Dächer der Stadt zu genießen. Gut zu sehen sind von dort auch die schlanken, reich verzierten Türmchen des gotischen Rathauses und die Sint Pieterskerk am Grote Markt.

Natürlich gibt es noch viel mehr zu sehen von der KU Leuven, denn die Gebäude der zugehörigen Hochschulen und Universitäten sind über die ganze Stadt verteilt. Luc radelt schon bald mit mir weiter, um mir einen Eindruck davon zu geben. Dabei fahren wir auch in Stadtteile, die herrlich im Grünen liegen. Da stehen wir auf einmal in einer parkähnlichen Anlage und schauen auf Schloss Arenberg, das sich auf einer weiten Rasenfläche präsentiert. Das Gebäude aus dem 16. Jahrhundert ist auch ein Teil der Universität.

Das Schloss Arenberg

Die Domäne Arenberg wurde mitsamt dem Schloss im 17. Jahrhundert Eigentum der Herzöge von Arenberg, einer deutschen Familie, die Kunst und Wissenschaft vielfach förderte. 1916 schenkte sie das Schloss zusammen mit dem 29 ha großen Park der KU Leuven. Das schmucke Gebäude beherbergt heute die Fakultät Ingenieurswissenschaften und ist der Mittelpunkt eines grünen Campus‘ für die Wissenschaft & Technologie-Gruppe. Dazu gehört beispielsweise auch das Imec, das größte europäische Forschungszentrum im Bereich der Nanoelektronik und der Nanotechnologie.

Schloss Arenberg gehört auch zur Universität von Leuven.
© Meike Nordmeyer

Alte Gebäude und moderne Wissenschaft also, eine bewährte Kombi. Und was zu einer Uni-Stadt natürlich auch gehört, sind reichlich Kneipen – auch da erweist sich die Stadt als rekordverdächtig. Leuven gilt als Hauptstadt der Bierregion Flämisch-Brabant. Die größte Brauereigruppe der Welt, Anheuser-Busch InBev, hat dort ihren Hauptsitz. Sie produziert auch das international bekannte, einst in Leuven kreierte Stella-Artois-Bier. Passend dazu gibt es in Leuven eine besonders hohe Anzahl an Kneipen, in denen das süffige Getränk ausgeschenkt wird. Bei schönem Wetter, das zum Draußensitzen einlädt, wirkt der von alten Giebelhäusern gesäumte Oude Markt wie eine einzige riesige Terrasse. Denn er ist von mehr als 40 Kneipen umgeben, deren Gäste sich dort zusammenfinden.

„Die längste Theke Europas“

So kommt es auch, dass dieser Platz als „die längste Theke Europas“ bezeichnet wird. Moment mal, das kommt mir doch als Besucherin aus Nordrhein-Westfalen sehr bekannt vor. Auf meinen Hinweis, dass die Stadt Düsseldorf für sich reklamiere, die längste Theke der Welt zu sein, ist man vorbereitet. Luc nickt und grinst: „Ja, davon haben wir natürlich schon gehört. Da befinden wir uns doch in guter Gesellschaft“, sagt er, während wir zum Ende unserer Runde die Fahrräder abstellen und in einer der Kneipen am Ladeuzeplein auf ein Bier einkehren – das süppeln wir mit Blick auf die Universitätsbibliothek mit ihren tausenden Büchern.

Am Vormittag und bei trübem Wetter ist am Oude Markt noch nicht so viel los. Das kann sich aber schnell ändern.
© Meike Nordmeyer
Flandern, Kirsten Lehnert, Kulinarik, Mechelen

Als die Beginen zu brauen begannen

von Kirsten

Was haben die Beginen, Karl V. und Bier gemeinsam? Sie alle spielen eine Rolle in einer Geschichte aus Flandern. Ort des Geschehens ist Mechelen, das malerische flämische Städtchen mit seinen über 300 denkmalgeschützten Gebäuden – ein wahres Freilichtmuseum der Renaissance. Und die Geschichte beginnt an einem dieser besonders geschichtsträchtigen Plätze, dem Großen Beginenhof. Er zählt heute als einer von 12 Beginenhöfen in Flandern zum UNESCO-Weltkulturerbe. In dieser malerischen Anlage jedenfalls, bei der kleine Wohnhäuser samt Kapelle einen begrünten Innenhof umschließen, lebten die Beginen an der Grenze von Ordensleben und Laientum.

Das bessere Trinkwasser

Blick in den Beginenhof (c) Visit Mechelen, Koen Broos

Damals gab es hier auch ein Hospital und da das „Trinkwasser“ im Mittelalter bekannterweise selbst Gesunde umhauen konnte, begannen die hier lebenden Ordensschwestern 1471 damit, Bier zu brauen, um damit Kranke und Alte zu versorgen. Das gilt als die Geburtsstunde einer Brauerei, die heute zu den ältesten in Belgien zählt. So erklärt sich auch, warum die Brauerei, die heute eine der Attraktionen der Stadt ist, in der Krankenstraat – inmitten des Großen Beginenhofes – liegt.

Bier für Helden

Schon bald erweiterte die Brauerei ihre Kreise und braute 1491 ein Starkbier eigens für die Ritter, die sich aufmachten, das Goldene Fließ zu finden: das „Gouden Carolus Tripel“. Diesen Namen (Goldener Karl) erhielt es zu Ehren von Kaiser Karl IV, dem letzten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, der in den burgundischen Niederlanden geboren wurde und in Mechelen aufwuchs.

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Flandern, Kirsten Lehnert, Kulinarik

Back to Future – Das Brussels Beer Project

von Kirsten

Bier gehört in Flandern zur DNA, könnte man sagen.

Das liegt nicht nur daran, dass in Leuven der weltweit größte Brauereikonzern seinen Sitz hat. Sondern sicher auch an der unglaublich vielfältigen Brauerszene, die flämische Klosterbrüder, traditionsreiche Familienbetriebe, ambitionierte Feinschmecker und innovative Genusshandwerker umfasst und die für immensen Variantenreichtum und Aromavielfalt sorgt. In unzähligen Mikrobrauereien zeigen diese, dass Bier nicht gleich Bier ist. Kein Wunder, dass die UNESCO das belgische Bier 2016 zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt hat. Ein besonders mutiges und innovatives Brüsseler Brau-Unternehmen möchte ich euch hier vorstellen. Denn, wer macht schon Bier aus Brot und Brot aus Bier?

Brussels Beer Project Brasserie, © Brussels Beer Project

Das „Brussels Beer Project“

Es begann im Jahr 2013, als sich eine Gruppe leidenschaftlicher Bierliebhaber zum „Brussels Beer Project“ zusammenschloss. Das erklärte Ziel: neue Geschmacksrichtungen zu kreieren und die Grenzen des Bieres zu erweitern. Und das tut das BBP seitdem kräftig, mit der finanziellen Unterstützung von heute 2500 Crowdfundern und mit einer ganzen Menge Enthusiasmus und ökologischer Überzeugung. Seit 2015 betreibt die Gruppe eine eigene Brauerei in der Rue Antoine Dansaert in Brüssel und mischt die belgische Craft-Bier-Szene tüchtig auf. Nicht nur mit einer Reihe ausgefallener Biersorten – mit so klangvollen Namen wie „Wunder-Lager“ oder „Jungle-Joy“ – sondern vor allem mit dem „Babylone, dem ersten Bier, das aus Recyclingbrot gebraut wird.

© Brussels Beer Project

Damit stellt das BBP gerade unter Beweis, dass man in dem traditionsreichen Handwerk auch ganz schön innovativ sein kann. Dabei ist die Idee gar nicht so neu: Die Herstellungsmethode geht auf babylonische Zeiten vor 7000 Jahren zurück, als Bier durch den natürlichen Gärungsprozess aus Brot entstand. Unter dem Motto „Back to future“ verwerten die Bierbrauer vom BBP nun fermentiertes liegengebliebenes Weißbrot, mahlen es und brauen es mit verschiedenen Malzsorten und Hopfen ein. Das Ergebnis: ein bernsteinfarbenes, leicht trübes Bier mit einer Schaumkrone, die blumig, nussig, holzig und – wen wundert’s? – nach Röstaromen von Brot riechen soll. Probiert doch mal bei eurem nächsten Besuch in Brüssel, ob ihr auch die „Noten von Karamell und Pinie“ herausschmeckt, die Bierexperten dem Bier nachsagen.

Apropos schmecken:

Das BBP führt den Kreislauf zur Müllvermeidung und zum Umweltschutz sogar noch weiter: So werden auch die beim Brauprozess anderer Biersorten verwendeten Malzkörner (das größte Neben- bzw. Abfallprodukt der Bierindustrie) nach dem Aufbrühen wiederverwendet: Ziel ist es, 80% der verarbeiteten Körner zu trocknen, durch Upcycling wieder dem Ernährungskreislauf zuzuführen und somit bis zu 40 Tonnen Müll pro Jahr zu sparen. In zwei Partnerbäckereien wird aus diesem besonderen Mehl Brot gebacken. Ihr könnt euch die Körner oder das Mehl aber auch in der Schankstube in Dansaert abholen und zuhause selbst verarbeiten. Die passenden Rezepte für Kekse, Müsli oder Waffeln liefert das BBP gleich mit.  

Team des Brussels Beer Projects, © Brussels Beer Project

Was mich besonders freut: Das Brussels Beer Project ist nicht nur innovativ, sondern auch ziemlich erfolgreich: Mittlerweile gibt es sogar schon Standorte in Paris und Tokio. Und 2020 soll eine weitere Brauerei mit einer Produktionskapazität von bis zu 10 Millionen Flaschen im Brüsseler Vorort Anderlecht entstehen, ebenfalls wieder mit Unterstützung aus dem Internet.

Weitere Informationen zum Projekt findet ihr hier…

Antwerpen, Flandern, Jan-Kai Vermeulen, Kulinarik

Champagner der Arbeiterklasse – Die abenteuerliche Geschichte der Seef Brauerei in Antwerpen

von Jan-Kai

Sechs Jahre lang hatte er für den Leibhaftigen gearbeitet. Johan van Dyck war Marketingdirektor bei Duvel-Bier. Er tat das so erfolgreich, dass ihn das Magazin Trends einmal zum PR-Manager des Jahres in Belgien kürte. Dann blätterte van Dyck, heute 42, zufällig in einem Buch.

Das Buch behandelte die vergessenen Brauereien in van Dycks Heimatstadt Antwerpen, weit mehr als hundert gab es bis Ende des 19. Jahrhunderts. Die meisten brauten Seefbier, las er, den „Champagner der Arbeiterklasse“, wie man sagte. Seefbier? Niemand wusste mehr etwas davon. Rezepte? Verschollen. Nur der Name Seefhook, also Seefviertel, gleich nördlich der historischen City war geblieben. Da standen die Sudkessel.

Johan van Dyck suchte. Er fand ein weiteres Buch mit alten Bierrezepten – was fehlte, war Seefbier. Drei Jahre lang forschte er in Archiven, besuchte alte Brauerfamilien und Seniorenheime. Erfolglos. Bis er auf einem Dachboden in einem alten Schuhkarton („Das war wie ein Einschlag aus heiterem Himmel“) den großen Treffer landete. Irgendwer hatte ein Seef-Rezept handschriftlich notiert – Buchweizen muss hinein, eine besondere regionale Hopfensorte, vor allem sehr spezielle alte Hefen.

© Johan v. Dyck via P. Eichhorn

Van Dyck war elektrisiert. Er kontaktete die führenden Brauereiwissenschaftler an der Uni Löwen, und tatsächlich: Man wurde in alten Hefebanken fündig. 2011 erste Brauversuche. Mit hinreißenden Ergebnissen. Begeistert eröffnete van Dyck seinem Arbeitgeber, er wolle fortan nebenher hobbybrauen. Weniger elektrisiert meinten die Teufelsmanager: „Das kannst du noch mit 65 machen.“ Johan van Dyck kündigte den Job.

Spätestens mit diesem Tag begann die verblüffende Erfolgsgeschichte der heutigen Antwerpse Brouw Compagnie. 2012 öffentliche Erstverkostung im Antwerpener Rathaus. Der Bürgermeister feierte das Bier als „kulturelles Erbe“ der alten Stadt. Nach wenigen Tagen war alles weggetrunken. Neider glaubten schon an „künstliche Verknappung“, ein Marketingtrick. Nichts da, sagte van Dyck. „Die Leute waren einfach verrückt danach“, sagt heute Johans Ehefrau Karen Follens, 41.

Die Fremdproduktion (bei der alten Roman-Brauerei in Oudenaarde) lief an, weil eigene Großbraukessel fehlten. „Ein Gottesgeschenk“, sagt van Dyck, „dass die dort genau die Installationsanlagen hatten, um das über hundert Jahre alte Bier herzustellen und wir sie nutzten durften“. Schnell wurde Seefbier international bestaunt und testgetrunken. Sieben Mal nahm man an Wettbewerben teil, schlechtestes Ranking: Platz 1. Also immer die Goldmedaille – auch beim World Bier Award in San Diego, „obwohl wir selbst gar nicht vor Ort waren“, sagt Follens.

Letzter Schritt: Die eigene Brauerei. Große Firmen als Teilhaber kamen nicht infrage, dafür kennt van Dyck das Braubusiness zu gut. So etwas fange gut an, aber dann werde von Kostendruck gesprochen, Rezepturen verbilligt. „Die downsizen schnell, verkaufen dich womöglich. Da kann man nur verlieren.“ Also kramte man „alle Sparcents“ zusammen, legte ein Crowdfunding für tausend Leute auf (lebenslange Bierbelieferung gegen Teilhaberschaft von 150-1000 Euro) und pachtete im Antwerpener Hafengebiet, nicht weit vom MAS (Museum Aan Stroom), eine Pumpstation aus dem 19. Jahrhundert.

Der unscheinbare Backsteinbau wurde ausgebaut zu einem schickem Braucafé und Nachbarschaftstreff, davor ein Biergarten. Seit August 2017 entsteht das neue Seefbier in einer silbern blitzenden eigenen Brauanlage (Kapazität: 30.000 Hektoliter/Jahr) direkt vor den Augen der Gäste. Viele Crowdfunder kommen immer mal wieder auf ein Bier vorbei. „Die glauben an uns. Das ist wie eine große Familie“, sagt Karen Follens.

Man merkt der Brauerei die PR-Kunst ihres Inhabers an. Braukompagnie – welch frischer alter Begriff. Es gibt ein ausgeklügeltes und ansprechendes Corporate Design in der Werbung, auf den Flaschen. Der Pater auf dem Etikett trägt Sneakers.

Mittlerweile haben Bierhistoriker auch geklärt, warum das alte Seefbier ausstarb. Pils war plötzlich angesagt, einfacher herzustellen und besser zu lagern durch neuartige Pasteurisierung. Es konnte industrialisiert in größeren Mengen hergestellt werden und überschwemmte auch Flandern mit konkurrenzlosen Preisen. Ein Fall von früher Globalisierung: Masse statt handwerklicher Feinarbeit. Weiterlesen …

Flandern, Janett Schindler, Kultur, Mechelen

Eröffnung des Museum „Hof van Busleyden“ in Mechelen – eine Zeitreise

von Janett

Googelt man das Wort Burgund, dann landet man wohl zuallererst in der französischen Region mit den guten Weinen. Als ich bei meinem Besuch in Flandern die Stadt Mechelen besucht habe, war ich mehr als überrascht, dieses Jahr ein besonderes Thema anzutreffen. Denn im Juni eröffnet in der flandrischen Stadt das Museum „Hof van Busleyden“ und gibt einen Einblick in das burgundische Mechelen. Ab diesem Jahr gibt es mehr als das. Lasst uns doch eine gemeinsame Zeitreise unternehmen.

Wusstet ihr, das Flandern einst Hauptstadt der Niederlande war? Im Grunde genommen sogar die Hauptstadt der Beneluxländer – aber das ist eine Geschichte, die ich hier nicht erzählen will. Die Epoche der Burgunder in Mechelen begann wie alle spannenden Geschichten: Durch eine Heirat. Phillip der Kühne heiratete Margarethe von Flandern.
Phillip war Sohn des damaligen französischen Königs und ihm gehörte Burgund – um es kurz zu fassen – so begann die Epoche der burgundischen Niederlande.

Foto: Janett Schindler

Quer durch Mechelen

Und wer noch tiefer in die Geschichte einsteigen will, sollte eine der spannenden Stadtführungen durch Mechelen buchen. Auf dem Weg durch das Stadtzentrum habe ich so einiges erfahren über die kreative und äußerst spannende Epoche der Burgunder in Flandern. Über ihren Reichtum – über das, was sie der Stadt in dieser Zeit gegeben haben und welche Geschichten von damals ins jetzt getragen wurden. Zuviel will ich nicht vorwegnehmen – aber ich glaub, ich kenn mich jetzt mit Königshäusern und Kunst des 16ten Jahrhunderts aus. Ein wenig jedenfalls.

Foto: Janett Schindler

Bei einer Führung zum Thema Burgundisches Flandern darf natürlich ein ganz wichtiger Ort nicht fehlen: Der „Hof van Busleyden“. Die dortige Museumseröffnung versetzt gefühlt ganz Mechelen in helle Aufregung. Es scheint fast so, dass jeder was weiß, aber das große Ganze wird erst ab dem 17. Juni der Öffentlichkeit präsentiert. Und am Wochenende darauf folgt dann das große Eröffnungsfest (22.-24.06.).

Foto: Janett Schindler

Was ist denn der „Hof van Busleyden“?

Der „Hof“ ist einer der schönsten noch erhaltenen Paläste der Stadt und wurde in den letzten Jahren renoviert. Zu Zeiten der Burgunder und der Habsburger war hier das Zuhause von Hieronymus von Busleyden – einem sehr berühmten Historiker und Kunstsammler. Das Haus war ein Treffpunkt des Adels und der Menschen der Stadt. Perfekt also, um auch heute ein Ort der Zusammenkunft zu werden. In Zukunft soll eine feste Ausstellung einen Einblick in eine der wichtigsten Epochen der Stadt geben.

Historische Karte im Hof van Buslyeden. Foto: Janett Schindler

Und das, was ich schon sehen durfte, macht wirklich neugierig. Denn im Museum an sich erwartet euch nicht etwa nur eine Ansammlung von Kunstwerken längst vergangener Zeit. Das Museum bietet euch die Möglichkeit, eine Zeitreise der Sinne zu machen.

Foto: Janett Schindler

Neben einer spannenden Einleitung ins Thema Burgund findet ihr auf der Tour durchs Museum einige spannende Originalwerke – unter anderem das Mechelner Chorbuch von Margarethe von Österreich. Zahlreiche Leihgaben aus anderen Häusern sind zu bestaunen – aber auch Mechelen selbst trägt zur Ausstellung bei – ein Kunstwerk wird zum Beispiel das Rathaus verlassen und seinen Weg in die spannende Ausstellung finden.

Übrigens – für Familien gibt es noch eine ganz besondere Überraschung im Hof von Busleyden: Der „Erlebnis-Dachboden“. Spiel und Interaktion stehen hier im Vordergrund. Und am Ende dürft ihr ein kleines Souvenir mit nach Hause nehmen.

Unleash your inner Burgundian

So viel Zeitreise macht natürlich ziemlich hungrig. Ich bin froh, dass ich mein „Sense-Sations“ Heft dabeihabe. Damit kann ich dem Genuss frönen.

Foto: Janett Schindler

Das Bier, was es schon zu Zeiten der Burgunder in der Stadt gab, kann man noch heute bei einer Verkostung im Het Anker probieren und die Geschichte vom „Mondlöscher“ – die zwar nicht ganz aus der Zeit der Burgunder stammt – solltet ihr auch gehört haben und dabei ein dazu passendes Schokopralinchen probieren. Weiterlesen …

Flandern, Kirsten Lehnert, Kulinarik, Leuven

The place to beer – Ein Prost auf Leuven!

von Kirsten

Die Stadt mag klein sein, aber in Sachen Bier ganz groß! Nur rund 100.000 Menschen leben in Leuven, 20 Kilometer östlich von Brüssel, aber in ihren Adern – so denke ich – muss gelbes Blut fließen. Schließlich kommt man in der heimlichen Bierhauptstadt der Welt am Genuss von Gerstensaft kaum vorbei. Gerade im April ist es wohl schier unmöglich, denn dann ist Leuven wieder „the place to beer“! Und den möchte ich heute hier vorstellen.

Jedes Jahr pilgern Bierfans aus aller Welt nach Flandern. Und das zu Recht, denn an den Bierwochenenden in Leuven (die hießen bis letztes Jahr „Biermonat Leuven“) kann man belgische Braukunst bis zum Abwinken genießen. Ihr könnt große Bierevents besuchen oder an Kneipentouren, Bier-Wanderungen, Seminaren und Verkostungen teilnehmen und bekommt einen Eindruck von der Vielfalt und Geschichte der belgischen Biere. Und die ist weltweit einzigartig – nicht umsonst hat die UNESCO das belgische Bier im Dezember 2016 auf die Liste des Immateriellen Weltkulturerbes gesetzt.

© Tim Buelens

Den Auftakt der Bierwochenenden bildet am 14. und 15. April das  Leuven Innovation Beer Festival. Hier stellen die Handwerker unter den Braumeistern ihre Craft-Biere vor. Wie der Name schon sagt, kommen hier vor allem Liebhaber von innovativen Bieren – egal ob es sich um die Herstellung, die verwendete Technik oder sogar nur um die Verpackung geht – auf ihre Kosten. Schon der Veranstaltungsort ist eine Pilgerstätte für Bier-Fans: Das Event findet in der alten Brauerei De Hoorn statt – dort wo vor fast 100 Jahren das erste Stella-Bier gebraut wurde (Stella-Artois gehört übrigens heute zu Anheuser-Busch InBev, der weltgrößten Brauereigruppe, die ihren Sitz ebenfalls in Leuven hat). Weiterlesen …