Jan Fabre ist einer der bekanntesten zeitgenössischen Künstler Belgiens. Und wohl eine der innovativsten und bedeutendsten Persönlichkeiten der internationalen zeitgenössischen Kunstszene. Vielleicht habt ihr schon mal etwas von ihm gesehen? Etwa auf einer Biennale in Venedig oder bei der Documenta IX in Kassel, in der Eremitage in St. Petersburg oder bei der gerade eröffneten Kunst-Triennale „Het Vlot“ in Oostende, die er kuratiert? Die Liste seiner Ausstellungen und Inszenierungen ließe sich noch endlos fortsetzen. Fabre ist nicht nur Zeichner und Bildhauer, sondern auch Autor, Dramatiker und Regisseur sowie Choreograph und Bühnenbildner von europäischem Rang. In Sachen Vielseitigkeit übertrifft er damit wohl sogar den anderen berühmten Antwerpener Künstler, Peter Paul Rubens. Würde man auf einer Visitenkarte alle Funktionen Jan Fabres aufzählen, der Platz würde nicht reichen. Ihr kennt den Allroundkünstler aus Antwerpen noch nicht? Dann wollen wir ihn euch hier kurz vorstellen.
Jan Fabre wurde 1958 in Antwerpen geboren. Sein Vater, Biologe und städtischer Gärtner in Antwerpen, nahm ihn mit auf ausgedehnte Spaziergänge durch die Altstadt. So fand Jan schon früh einen Zugang (auch im übertragenen Sinne des Wortes) zu den zahlreichen Skulpturen und Museen der Stadt. Und er entwickelte seine ganz besondere Beziehung zur Kunst und zur Natur. Vielleicht betrachtete er auch damals schon aufmerksam die kleinen Tiere, die später zu einem seiner Lieblingsobjekte wurden: Käfer. Spätestens aber die Forschungen des gleichnamigen französischen Wissenschaftlers Jean-Henri Fabre (1823–1915) über die Welt der Insekten und anderer Lebewesen faszinierten und beeinflussten ihn maßgeblich: Der Käferpanzer wurde ein immer wiederkehrendes Bildmotiv bei Jan Fabre; vor allem der grün schillernde Panzer des Skarabäus Käfers hat es ihm angetan.
Die wohl eindrucksvollste Arbeit Fabres, eine Installation aus Millionen von schillernden Käferflügeln, ziert die Decke des Spiegelsaals im Königspalast in Brüssel. Jeden Sommer, wenn die königliche Familie Urlaub macht, könnt ihr den Palast besichtigen und das faszinierende Kunstwerk bestaunen.
Doch nicht nur Tiere, auch Menschen spielen in der Welt des Jan Fabre eine wichtige Rolle: In den späten siebziger Jahren, während seines Studiums an der Königlichen Akademie der Schönen Künste und dem Städtischen Institut für Kunstgewerbe in Antwerpen, dehnte Jan Farbe seine Forschung auf den Bereich des menschlichen Körpers aus. Metamorphose ist ein Schlüsselbegriff in Jan Fabres Werk, in dem menschliches und tierisches Leben in ständiger Wechselwirkung stehen. Dabei verwendet der Künstler auch schon mal echtes Blut oder gar Sperma. Trotz all seiner Provokationen wird Fabre in Belgien geliebt. Im Jahr 2004 wurde er sogar zum „Großoffizier des Ordens der Krone von Belgien“ und im Jahr 2007 zum „Kommandeur des Ordens von Leopold II“ ernannt.
Aber noch einmal zurück zu Rubens. Der berühmte Barockmaler und zwei weitere Flämische Meister, nämlich Jordaens und Van Dyck, hatten 1628 den Auftrag erhalten, Altarbilder für die Sankt Augustinkirche zu malen. Da die drei Kunstwerke schon längst ins Königliche Museum für Schöne Künste „umgezogen“ sind, klafft hier seit Jahren eine Lücke. Die soll Jan Fabre nun schließen. Dabei erhielt der Künstler die gleichen Anweisungen wie seine berühmten Vorgänger vor fast 400 Jahren.
Im Rahmen der Themenjahre „Flämische Meister 2018-2020“, die 2018 in Antwerpen mit einem Barockjahr ihren Auftakt nehmen, wird das neue Altarbild von Fabre am 15. August 2018 enthüllt. Wir sind schon sehr gespannt auf das neue, dann auch dauerhaft sichtbare Kunstwerk Fabres. Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass der Künstler Tuchfühlung zu den Alten Meistern aufgenommen hat. Seit 2015 könnt ihr in der Liebfrauenkathedrale in Antwerpen unweit berühmter Rubens-Bilder ein weiteres beeindruckendes Werk von Fabre bestaunen: die schon von Weitem strahlende Skulptur „Der Mann, der das Kreuz trägt“. Der Spiegel schrieb seinerzeit: „Und wer ist dieser Mann? Fabre selbst natürlich. Ein Selbstporträt in Bronze. Bescheidenheit und Demut sind seine Sache nicht.“ Aber mal ganz ehrlich: Sind sonst alle anderen Künstler dieses Kalibers bescheiden und demütig? Und hätten sie es sonst so weit gebracht?